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Eine schöne Bescherung

© Ernst-Edmund Keil

Der Adventszeit sah er seit längerer Zeit mit wachsendem Missvergnügen entgegen. Nicht nur, weil er in einer christlichen Familie aufgewachsen war, mit der man in Stille und Besinnlichkeit das Fest der Geburt Christi zu feiern pflegte. Weshalb ihm der kreischende Weihnachtsrummel, der bereits m September mit marktschreierischer Lautstärke einsetzte, mächtig wider den Strich ging. Am liebsten wäre er blind und taub durch diese vorweihnachtliche Zeit, ohne stehen zu bleiben und sich umsehen zu müssen. Doch konnte er ebenso wenig wie seine Zeitgenossen aussteigen aus ihr, war ihr Zeuge und auch ihr Opfer. Mitgefangen, mitgehangen. So hatte er gelernt, sie in tiefster Seele zu verachten, zumal er, widerwillig, jedes Mal in diesen Rummel mit hineingezogen wurde. Aus dem frommen Krippenspiel unter dem ärmlichen Strohdach von Bethlehem war eine schrille Verkaufsbörse geschäftstüchtiger Händler geworden, auf der jeder für jeden etwas kaufen musste, damit der Schenkende seinerseits auch wieder beschenkt würde. Und nicht zu knapp, sonst setzte es etwas. Wie du mir, so ich dir, lautete die Devise.
Den Königen aus dem Morgenland, deren Rolle zu spielen man sich irgendwie verpflichtet fühlte wie in ständigem Wechsel auch die des beschenkten Jesuskindes, war der Stall, in dem sie niederknieten, ein Ort der Anbetung gewesen und ein Lächeln aus Kindesaugen Dank genug und übergenug für ihre Gaben. Das war die fromme, Jahrtausende alte Überlieferung. Diese als König-Kind-Geschenkspiel auszulegen, mit diesem wilden Geschrei, mit dem Geschenke aus ihrer Verpackung wie Waffen aus ihrer Scheide gezogen wurden, um sie triumphierend ins Herz des lieben Nächsten zu versenken, war reine Blasphemie, doch geduldet, im Namen des schnöden Mammons, sowohl vom Staat als von der Kirche.
Der Reklamerummel gemahnte ihn also früh genug, die Seinen zu beschenken, bevor er, todsicher, von ihnen wiederum beschenkt würde. Wie du mir, so ich dir. So von seinen Tanten, den drei fernab lebenden Schwestern seines verstorbenen Vaters, die, weil ihnen nichts besseres einfiel oder weil sie in dem Irrglauben befangen waren, ihr Neffe arbeite als Robbenfänger am Nordpol, Jahr für Jahr schafwollene Handschuhe und schafwollene Hausschuhe schickten auf den Gabentisch, in der frohen Erwartung, dass er sie aus tiefster Dankbarkeit auch fleißig trage bei Tag und Nacht, bei jedem Wind und Wetter. Das schlimmste war, dass sie immer wieder anriefen, um ihn nach dem Verbleib ihrer Geschenke zu befragen. Von Seiten seiner mütterlichen Anverwandten, die nicht weniger besorgt, kamen Jahr für Jahr, was er ebenso wenig gebrauchen konnte, jene knallbunten, geschmacklosen Halsbinder, die er, selbst wenn Material und Design seinem Gusto entsprochen hätten, niemals um seinen Hals binden würde. Er war, was sie eigentlich wissen sollten, kein Krawattentyp, kellnerte nicht, noch besuchte er Bälle, und fühlte sich, auch bei geschlossenem Kragen, schon so eingeengt, dass er nach Atem rang und an den Kragenknöpfen zu reißen begann. Seine alten Ängste waren immer auch die neuen. Doch trübte das die lieben Verwandten herzlich wenig. So gab er die Binder seiner Frau, die im Gärtchen damit Johannisbeerzweige zusammenband, denn was ihm Angst machte, machte auch den Vögeln Angst, und Johannisbeeren aßen beide nun einmal für ihr Leben gern. Apropos Frau, die wir nicht unterschlagen wollen und die sich ihr schwaches Geschlecht männlich beschützen ließ, auch sie konnte nicht umhin, in der Weihnachtszeit die Rolle des Heiligen Königs zu spielen - mal Balthasar, mal Kaspar und mal Melchior - und ihn, wie es der Rest der Familie tat, als zu beschenkendes Christkind zu betrachten. Ob sie nun vom Familienbazillus angesteckt war, ob es auch ihr an Phantasie mangelte, oder ob's an der puren Bequemlichkeit der wohlbehüteten Hausfrau lag, was es auch immer sein mochte: Sie beschenkte ihn Jahr um Jahr, wohl den allgemeinen Glauben teilend, er verbringe einen Großteil des Jahres als Jäger im hohen Norden, mit baumwollenen Pullovern und Pullundern, mit Rund- oder V-Ausschnitt, mit und ohne Arm, die sich im sechstürigen Kleiderschrank stapelten in einer Weise, dass inzwischen ein beträchtlicher Teil von ihnen ausgelagert werden musste. Fraß den Motten, doch niemals getragen, weil er Pullover hasste seit Jugend auf. Seit nämlich die sorgenvolle Mutter sie ihm bei jedem Wetter über den Kopf zog und zerrte, damit der liebe Junge sich auch ja nicht erkälte und "sich den Tod holte". Zum Teufel mit diesen Klamotten. Doch der nächste Pulli kam so sicher wie die nächste Weihnacht. Es war schier zum Verzweifeln.
Mit der Zeit fühlte er sich körperlich geradezu bedroht und schutzlos ausgeliefert. Irgendetwas musste hier geschehen. Also geschah es. Er setzte sich an seinen Schreibtisch, als dessen Täter er sich öffentlich-rechtlich bekannte, und schrieb allen, die ihn nächstens zu beschenken drohten, einen Brief, selbst der Frau, die Tisch und Bett das lange Jahr über mit ihm teilte, des Inhalts, dass er, da mit fortschreitendem Alter die Bedürfnisse sich grundlegend gewandelt, er beschlossen habe, sich künftig die Weihnachtsgeschenke selbst auszusuchen und ihnen, deren Liebe und Zuneigung er sicher sei, wie sie der seinen sicher sein könnten, die Rechnung dafür ins Haus zu schicken. Eine Maßnahme, die unter den Angeschriebenen zwar eine gewisse Bestürzung, ja Befremdung auslöste, aber o Wunder (welches Weihnachten in seiner Wunderherrlichkeit einmal mehr eindrucksvoll bestätigte), sie wurde letztendlich, wenn auch augenrollend und mit Knirschzähnen, angenommen und gutgeheißen, vorerst.
Er war gerettet und wiegte sich, nicht anders als der Jesusknabe nach der Flucht in die Lande der Ägypter, in wohltuender Sicherheit vor seinen Verfolgern. So feierte er die Weihnachtszeit diesmal stillvergnügt und frohgestimmt wie lange nicht. Ob auf Dauer und für immer, war eine andere Frage, die angesichts der Unausrottbarkeit unserer angestammten Angewohnheiten, zu denen die weihnachtliche Bescherung nun einmal von jeher gehörte, nicht befriedigend beantwortet werden konnte.

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